Die Ruder beim Brett-Nurflügel

Fliegende Bretter sind von der Steuerung her nicht viel anders als Flugzeuge mit Rumpf oder Pfeil-Nurflügel, die Ruder wirken fast alle gleich ... aber es gibt ein paar Besonderheiten. Damit ihr euer Brett optimal für eure Bedürfnisse bauen und steuern könnt, habe ich hier mal meine Erfahrungen und Tipps zusammengetragen.
 

Welche Ruderflächen gibt es beim Brett-Nurflügel?
Rechts seht ihr die bei EPP-Brettern üblichen Steuerungsflächen (die Ruder von links bis zur Mitte)

  • Querruder: Sie dienen der Rollsteuerung. Oft sind es die einzigen Ruder an Brett, über einen Mischer übernehmen sie dann auch die Funktion des Höhenruders.
  • Höhenruder: Durch Veränderung des Profilmomentes erfolgt die Steuerung des Modells um die Querachse. Es ist keine Wölbklappe, das kann es am Brett prinzipiell nicht geben.
  • Seitenruder: Sie werden oft nicht angelenkt. Bei größeren, gestreckten Modellen sowie Thermik-orientierten Brettern (vor allem mit V-Form) lohnt sich die Anlenkung jedoch meist.
  • Bremsklappen (Schempp-Hirth, nicht eingezeichnet) sind ebenfalls möglich, vor allem wenn sie nach oben und unten ausfahren. In der Praxis hat sich eher Butterfly (Krähenstellung: die inneren Ruder runter, außen rauf) als Landehilfe bewährt, da dieses einfacher zu bauen ist und noch mehr Möglichkeiten eröffnet.
  • Sonderformen wie Spaltklappen, Vorflügel, Widerstandsruder usw. spielen bei EPP-Modellen meist keine Rolle, darum gehe ich darauf nicht besonders ein. Hier hilft euch die entsprechende Literatur (zB Nickel/Wohlfahrt) weiter ...

Die Ruderanordnungen und ihre Eigenschaften:

Klassische 2-Achs-Steuerung, Vorteile
+ keine Mischer notwendig
+ weiche Ruderreaktionen
+ hohe Profiltreue durch kurze Ruder oder kleine HR-Ausschläge
+ eigenstabiles Flugverhalten bei entsprechender Auslegung
Klassische 2-Achs-Steuerung, Nachteile
- nur für Modelle mit V-Form (ab 4°)
- manchmal verzögerte, schwächere Ruderreaktionen
- Kunstflug (vor allem Rollen uä) ist nur  bedingt möglich.
Kombinierte Ruder (Elevons) Vorteile
+ harmonische Ruderwirkung
+ geringer Widerstand
+ im Innenteil unverändertes Profil
+ leichte V-Form im Außenflügel möglich
Kombinierte Ruder (Elevons)  Nachteile
- Delta-Mischer für Quer-/Höhenruder notwendig
- DualRate für Höhenruder empfehlenswert

- Servos sitzen außen (Massenverteilung, Kabel verlängern)

 
Durchgehende Ruder, Vorteile
+ hohe Rollwendigkeit
+ nur 2 Servos notwendig
+ Die Servos sitzen weiter innen (Masseverteilung, Kabellänge).
 
 Durchgehende Ruder Nacheile
- starke Höhenruderwirkung > stellgenaue Servos + DualRate sind notwendig
- hoher Widerstand beim rollen
- Flattergefahr durch lange Ruderklappen
- negatives Wendemoment ist wahrscheinlich (der Rumpf zeigt zur Kurvenaußenseite beim einlenken)
4-Klappen, mit/ohne Seitenruder Vorteile
+ Butterfly (Krähenstellung) ist möglich
+ Unterschiedliche Mischung der Ruder für verschiedene Flugphasen
+ Auftriebsverteilung ist veränderbar
+ negatives Wendemoment kann verringert werden, vor allem bei hohen Streckungen.
4-Klappen, m/o Seitenruder Nachteile
- je nach Anordnung mind. 3 bis 5 Servos
- mehrere Mischer müssen vorhanden sein
- höheres Gewicht
- schwieriger abzustimmen

Die Physik und Aerodynamik der Ruderklappen beim Brett-Nurflügel

Brett-Nurflügel haben eine geringere Stabilität um die Querachse (also auf das Höhenruder) als Pfeile oder konventionelle Flugmodelle. Dies liegt an dem kürzeren Hebelarm zwischen Auftrieb (vorderer Teil des Profils) und der Stabilisierungsfläche (S-Schlag des Profils bzw. Ruderklappe). Darum reichen kleine Ausschläge des Höhenruders selbst für Loopings aus. Die Platzierung der Klappe in Spannweitenrichtung ist für deren Wirkung unerheblich, beeinflusst aber die Auftriebsverteilung.

Die Stabilität um die Längsachse (aufs Querruder) ist dagegen vergleichbar mit der der anderen Bauformen. Darum braucht man vergleichbare Rudergrößen und Ausschläge. Die Wirkung der Klappe nimmt mit dem Abstand zur Drehachse (Rumpf) zu, außen liegende Klappen wirken besser als innen liegende.

>>> Für kombinierte Quer-/Höhenruder ergeben sich folgende Anforderungen:

  • Die Klappen werden möglichst weit außen platziert.
  • Die Länge und max. Ausschläge der Klappe richten sich nach der geforderten Rollwendigkeit des Modells.
  • Der Höhenruderausschlag muss elektronisch verkleinert werden
  • Je länger die Klappen sind, desto stärker und stellgenauer müssen die Servos sein (gegen Rodeoflug).

 

Welche Ruderlänge für welches Modell?

Die Wahl der Ruderlänge kommt auf den Einsatzbereich eures Modell an. Folgende Erfahrungswerte sollen helfen, die für EUCH richtige Ruderlänge zu finden.

  • Serienmäßig ist die Ruderlänge der EPP-Fun-Modelle meist 2/3 der Halbspannweite, also bei einem 1,2m Modell wie dem Frettchen sind die Ruder jeweils 40cm lang. Damit rollt das Modell schnell genug, ohne in einer Wende allzu viel Fahrt zu verlieren. Die Höhenruderwirkung ist deutlich stärker als die Querruderwirkung und sollte auf 50% (+/- 20%) des Querruderwegs begrenzt werden.
     
  • Für Modelle, die überwiegend thermisch geflogen werden oder für besonders harmonische Ruderreaktionen, reicht eine Ruderlänge von 50% der Halbspannweite aus; ein Frettchenruder wäre dann nur 30cm lang. Die Vorteile sind weniger Widerstand in der Wende, bessere Profiltreue durch kürzeren Ruderspalt und eine weniger bissige Höhenruderwirkung ... für viele Piloten reicht diese Ruderlänge aus, Rollen dauern aber etwas länger.
     
  • Wer dagegen auf hohe Rollwendigkeit besonderen Wert legt (zB bei Combatmodellen wie dem Dachs) macht die Ruder durchgehend. Das bremst zwar mehr beim Rollen, aber man ist auch bei geringeren Fluggeschwindigkeiten noch agil für schnelle Ausweichmanöver.
     
  • Wer sich nicht entscheiden kann, Butterfly nutzen möchte oder sehr unterschiedliche Einsatzbedingungen hat, ist mit einem 4-Klappen-Flügel bestens beraten, vor allem bei sehr gestreckten Modellen wie der Fauvel, Skunk und Big-One. Die Klappenlänge würde ich ca 60% außen und 40% innen aufteilen. Je nach Flugaufgabe werden  die Klappen unterschiedlich gemischt. Merksatz: Je thermischer, desto außen - je schneller, desto ganzer Flügel.  Ob ihr dieses mit 4 Servos (eines für jede Klappe) oder 3 Servos (die beiden inneren Klappen auf ein Servo) macht, hängt von euren Ansprüchen an die max. Rollwendigkeit ab. Passende Ruderleisten sind im Shop zu finden.
Sonstige Tipps & Tricks zu den Rudern
  • Die Ruderklappen werden nur bespannt, nicht gestrappt. Beim bespannen mit Bügelfolie kann auf Sprühkleber verzichtet werden. Zu schwere Ruder erhöhen das Gewicht doppelt, belasten die Servos und machen das Modell träger.
     
  • Superschnelle (zB Frettchen) oder sehr leichte Modelle (zB LitteWing) können mit Rudern direkt aus dem EPP-Flügelkern aerodynamisch vorteilhafter gesteuert werden. Je nach Belastung sollten die Ruder komplett mit Glasgewebe belegt werden, um genug Torsionssteifigkeit zu erhalten. Beim Bau unbedingt auf Profiltreue und Verzugsfreiheit achten.
     
  • Sehr schnelle oder große Modelle können mit einer Kiefernleiste (ca 10x3mm, Länge wie der Ruderausschnitt) getunt werden. Die Leiste wird  direkt an der Scharnierlinie mit PU-Leim an den Flügel (bei EPP-Rudern ans Ruder) geklebt, profilgemäß verschliffen und überstrappt. So erhält man eine gerade und scharfe Kante um die Ruder fest und leichtgängig mit Tesa zu befestigen.
     
  • Für die Anlenkung der Ruder hat jeder seine eigene Vorlieben. Ich verwende meist dünnwandiges CfK-Rohr (3,1mm außen, 2mm innen) in das auf einer Seite eine 2mm Gewindestange mit Gabelkopf und ins andere Ende ein abgekröpfter Z-Draht eingeharzt wird. Das ist leicht, stabil und bei einer dunklen Bespannung fast unsichtbar.
     
  • Schaut euch die Seiten zu den Rudereinstellungen, Nurflügel-Tuning, Bespannung, usw an, Ihr findet alle bei den Bautipps ...auch dort sind viele nützliche Informationen enthalten.